Zur Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG)

Nur von wenigen beachtet wurde das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) im Juni 2007 erheblich verändert. Die Änderungen sind bereits in Kraft getreten und werden auch schon angewandt.

I.

Bisher führte die Künstlersozialversicherung ihre Außenprüfungen selbst durch. Die Zahl der Prüfer war sehr beschränkt und Prüfungen sehr selten. Selbst viele "Großveranstalter" können sich nicht daran erinnern, jemals einen Prüfer der Künstlersozialkasse gesehen zu haben.

Seit dem 15. Juni 2007 ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) für die Überprüfung zuständig. Die DRB prüft bereits alle vier Jahre - fast lückenlos - die ordnungsgemäße Berechnung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge. Jeder Unternehmer ist mit diesen versierten Prüfern vertraut. Bei diesen Prüfungen werden nunmehr auch die Berechnungen und Abführungen nach dem KSVG bundesweit geprüft.

Mit dieser Maßnahme sollen die Finanzen der Künstlersozialversicherung schnell und nachhaltig aufgebessert werden. Diese Vorstellung ist realistisch, wenn man allein die Zahl der Prüfer der DRB vor Augen hat. Dabei kann zunächst offen bleiben, ob es sich "nur" um 3.200 oder um 3.600 oder gar um rund 4.000 Prüfer handelt. Die Angaben schwanken insoweit.

Wer noch nie an die Künstlersozialkasse zahlte und auch noch nie geprüft wurde oder gar mit falschen Angaben geringere Zahlungen leistete, sollte sich warm anziehen und die gebotenen Rückstellungen vornehmen.

II.

Für die Beitragsforderungen der Künstlersozialkasse gelten die Verjährungsvorschriften des Sozialgesetzbuchs - also 4 Jahre. Im Hinblick auf die Meldefristen für das jeweils abgelaufene Jahr bis zum 31. März des Folgejahres sind entgegen einer landläufigen Meinung die Beträge für 2002 noch nicht verjährt und können ohne weiteres nachgefordert werden. In der Praxis läuft das darauf hinaus, daß bei einer Prüfung in 2007 eine Nachforderung für 5 Jahre zulässig ist.

Die Jahre vor 2002 sind auch jetzt schon verjährt.

Nicht nachprüfbare und nicht amtliche Schätzungen gehen davon aus, daß die Künstlersozialkasse in den nächsten Jahren bis zu 50 Mio Euro an Nachzahlungen aufgrund dieser geändertenPrüfungszuständigkeit einfordern wird.

In der Landwirtschaft würde man das als einen " warmen Regen" bezeichnen.

III.

Für wen muß an die Künstlersozialversicherung bezahlt werden?

Nicht nur selbständige Musiker, Sänger oder Schauspieler fallen unter das KSVG, sondern z.B. auch Autoren, Designer, Layouter, Graphiker, Photographen für Werbeauftritte, sei es auf Geschäftsbriefen, in Prospekten, Flyer, Anzeigen, Rundfunk oder Fernsehen oder im Internet oder für Pressearbeit. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Man kann darüber streiten, ob das alles "Kunst" ist. Erfolg wird man damit nicht haben.

Entscheidend ist das Merkmal selbständig. Ob der Künstler Mitglied der Künstlersozialversicherung ist oder nicht, ist für die Zahlungspflicht ohne Bedeutung, Deshalb Vorsicht bei "Bestätigungen " der Künstler, sie seien nicht Mitglied der Künstlersozialversicherung. Diese "Persilscheine" sind wertlos.

Anders sieht die Sache aus, wenn der Auftragnehmer ( Künstler, Publizist)eine juristische Person ( e.V., GmbH, AG) ist.

In diesen Fällen besteht keine Pflicht des Veranstalters, Beiträge an die Künstlersozialversicherung abzuführen.

Das kann von erheblicher Bedeutung sein, wenn der Veranstalter beispielsweise für einen Ball oder ein sonstiges Fest eine Kapelle engagiert, die als e.V. organisiert ist oder jemand ein Konzert mit einem Orchester veranstaltet, das in der Form einer GmbH geführt wird. In diesen Fällen ist kein Beitrag zu zahlen. Viele Blaskapellen und Feuerwehrmusikzüge sind als e.V. organisiert. Ähnlich ist es bei Werbeaufträgen. Der Auftrag an eine GmbH führt nicht zur Beitragszahlung, aber der an den Einzelkünstler oder eine KG.

Umkehrschluß:

Wer wirtschaftlich denkt, engagiert nur einen e.V.; eine GmbH oder eine AG.

Ob das sozialpolitisch vom Gesetzgeber gewollt ist, kann man bezweifeln. Der kleine "Einzelkämpfer" bleibt als "Künstler" oder Publizist dabei auf der Strecke.

Aus der Praxis muß ich darauf hinweisen, die Honorare an e.V., GmbH und AG von den anderen Aufwendungen für Musik, Werbung usw. klar zu trennen. Die Künstlersozialversicherung verzichtet auf die Beiträge nur, wenn das deutlich getrennt und notfalls durch einen Handelsregister- oder Vereinsregisterauszug nachgewiesen wird. Aus den gängigen Buchungsprogrammen und BWA`s ist das derzeit meistens nicht zu ersehen!

Bisher werden andere Rechtsformen, wie KG, OHG, GbR oder nichtrechtsfähiger Verein als Auftragnehmer weder von der Künstlersozialversicherung noch von den Sozialgerichten anerkannt. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz lehnte es in einem Beschluß ausdrücklich ab, eine KG oder eine OHG einer GmbH gleichzustellen. Das Sozialgericht München erklärte in einer mündlichen Verhandlung, sich dieser Rechtssprechung voll anzuschließen (Die Sache endete durch Vergleich).

Im Hinblick auf die Rechtssprechung des BGH zur Parteifähigkeit der GbR, auf die das Landessozialgericht RH-Pf. eingeht, ist eine neue Klage in einem oder mehreren Bundesländern mit dem Ziel, die GbR bei der Beitragspflicht wie eine GmbH zu behandeln, dringend geboten.

Leider ist es sehr schwer, einen Beitragspflichtigen zu finden, der in diesem Punkt klagebereit über mehrere Instanzen ist.

Ob die nunmehrigen Prüfer der Deutschen Rentenversicherung Bund die Unterscheidung zwischen den juristischen Personen GmbH, e.V. und den übrigen Auftragnehmern von sich aus treffen, ist zur Zeit nicht bekannt. Es fehlen insoweit noch Erfahrungen.

IV.

Die Abgabesätze in den strittigen Jahren betragen:

V.

Die Künstlersozialversicherung schätzt bei fehlenden Meldungen die "Honorare" und berechnet nach diesen Schätzungen ihre Beiträge.

Diesen Schätzungen fehlt jegliche konkrete Bezugnahme. Sie wird nicht begründet und ist in allen Fällen maßlos. Man kann sich nicht des Eindrucks erwehren, daß mit diesen Schätzungen Druck ausgeübt werden soll, wenn man nicht unterstellen will, daß vielleicht der eine oder andere einfach zahlt und man so zu "windfall-profits" kommt.

Dringender Rat :

Gegen jede Schätzung sofort mittels Einschreiben/Rückschein Widerspruch einlegen.

Nach unseren bisherigen Erfahrungen liegen die Schätzungen bis zum 10-fachen über den geschuldeten Beiträgen, in einem Fall wurden über 80.000,00 Euro geschätzt, obwohl nichts geschuldet wurde!

VI.

Wie in Deutschland üblich, wurde im Rahmen der Novellierung des KSGV der Bußgeldrahmen für unterlassene Beitragsabführung ebenfalls erhöht. Nunmehr drohen bis zu 25.000,00 Euro Bußgeld im Einzelfall.

Es lohnt sich also nicht, den Kopf in den Sand zu stecken.

VII.

Wir werden unsere Mitteilungen zur Künstlersozialversicherung ausweiten. Nicht nur die Verwertungsgesellschaften und die Rundfunk-/Fernsehgebühren sondern auch die Künstlersozialversicherung ist ein weiterer nicht zu vernachlässigender Kostenfaktor, den viele Unternehmen noch immer nicht betriebswirtschaftlich erfaßt haben.

In guten Buchungsprogrammen sollten eigene Buchungszahlen enthalten sein, die die Aufschlüsselung nach den der Künstlersozialversicherung unterliegenden Honorare und die nicht abgabepflichtigen (Honorare an GmbH oder e.V.) enthalten.

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